Rübezahl-Runde


Sonnabend, 26.07.2008
Nach reichlichem Frühstück brechen wir heute wieder gegen 8.30 Uhr auf. Die Sonne scheint schon heiß vom Morgenhimmel, selbst hier oben in Spindlermühle ist es sehr warm zu dieser Stunde. Aber die klare Luft läßt auf eine schöne Aussicht hoffen.
Zunächst fahren wir auf dem Radweg 1A steil durch den Wald aufwärts nach Süden. Wir müssen auf fast 1.000 m hoch, ehe es nach Strazne wieder ein ganzes Stück hinab geht. So verlieren wir schon auf den ersten 10 Kilometern recht viel Schweiß und Kraft. Und auch die Tour von gestern steckt uns noch ein wenig in den Knochen. Strazne liegt am Rand des Gebirges, weit oberhalb von Vrchlabi, hier müssen wir nun wieder scharf nach Norden abbiegen, um den Radweg zur Vyrovka zu erreichen. Im Wald ist es angenehm schattig, doch es geht permanent bergauf. Schon von Strazne aus kann man ungefähr die Route ahnen, sehr hoch am Berg sieht man die Renner-Bauden stehen. Einen schönen Job hat der Nationalparkwächter, dessen einzige Tätigkeit darin zu bestehen scheint, die Schranke auf und nieder zu bewegen. Nun  verfahren wir uns auch noch ein wenig, landen nach einem tollen steilen Schotterweg, der ein paar feine Höhenmeter zusätzlich aufs Konto bringt, in einer Sackgasse im Wald, und die englisch sprechenden Kinder einer tschechischen Familie, die hier in diesem abgelegenen Haus wohnen oder Urlaub machen, klären uns auf, dass wir leider wieder zurück müssen. Zum Glück gibt es aber hier wenigstens eine schöne Quelle, um die Flaschen wieder aufzufüllen.
Kurz darauf geht es dann richtig zur Sache. Die Straße, welche wir uns nun hinauf schinden, hat im Schnitt 10%, das geht aber bis zu 17%, eine Steigung von "nur" 8% empfinden wir in der nächsten Stunde als Erholung. Und kein Ende ist in Sicht. Dafür tun sich zunehmend schönere Ausblicke auf das immer tiefer unter uns liegende Vorland auf. Das ist unter anderem das, weswegen ich das Riesengebirge so liebe. Nirgendwo anders hat man so schnell auf solch kurzen Distanzen solche Blicke wie aus dem Flugzeug. 
Irgendwann, nach ca. einer Stunde kommen wir an den Rennerovky Boudy an, sind nun schon über 1.100 m hoch. Es ging schnell, trotzdem. Pause! Und die Sicht verleitet zum Fotografieren.
Der Wind weht hier oben wieder recht heftig, bergauf haben wir nun schönen Gegenwind. Trotzdem schaffen wir die nächsten zweihundert Höhenmeter auch noch recht gut. Nach anfänglichen 10% - 12% wird es bald schön flach, kurze Zeit später ist die Vyrovka zu sehen. Nun geht es fast eben noch einen Kilometer bis zur Baude, die massig auf dem Kamm thront. Im Osten liegt tief unter uns Pec, vor uns Lucni und Studnicni Hora.
Und viele Menschen sind hier, darunter auch sehr viele Radfahrer. Bei manchen fragen wir uns, wie die hier hoch gekommen sind. Wir nehmen an, dass diese mit der Seilbahn zum Cerna Hora hinauf fuhren und dann auf dem Kamm hierher radelten. Aber auch viele "harte Typen", solche wie wir es sind :-), sehen wir hier. Und die sehen manchmal wesentlich entspannter aus als wir. Die sind aber teilweise auch nicht halb so alt.
Die Vyrovka von innen wirkt eher abschreckend, zuerst drücken Einen die unangenehmen Gerüche der Klos fast rückwärts wieder hinaus, danach die mitropamäßige Ausstattung und schließlich der unfreundliche Blick des Kellners. Aber für eine Goulaschsuppe halten wir das aus. Danach nichts wie raus hier.
Fotos, dann noch ein kurzer Abstecher (18% inklusive) hinauf zu einem Aussichtspunkt, von dem man einen schönen Blick auf Spindlermühle, Svaty Petr und den Ziegenrücken genießen kann. Die Schussfahrt nach Pec ist der Knüller. In zehn Minuten rasen wir von 1.400 Meter hinunter auf 750 Meter Seehöhe, vorbei an schnaufenden schwitzenden Mountainbikern und Wanderern, die sich diesen Stich hinauf arbeiten. Aber auch auf uns wartet nach der Durchquerung von Pec der nächste Hammer. Ohne Flachstücke müssen uns die immer schlapper werdenden Beine auf die Nordwestschulter des Cerna Hora hinauf kurbeln.
Im Schnitt bedeuten das wieder 10% - 14%, der absolute Knaller sind dann nach einer Erholungspause kurze 20%, wo ich mit meiner Übersetzung langsam Probleme bekomme. Aber irgendwie schaffen wir es. Die Belohnung dafür sind oben auf 1.150 Metern üppige Blaubeersträucher und eine prima Freiterrasse an der Prazska Bouda.
Die Schönheit des Ausblicks auf die höchsten Berge des Riesengebirges Studnicni Hora und Schneekoppe jenseits des Tales von Pec haben auch viele Andere erkannt. Wir finden trotzdem noch ein Plätzchen und so gibt es noch eine Cola und eine Kartoffelsuppe, um unsere Energiespeicher wieder ein wenig aufzufüllen.
Der Höhenweg ist hier sehr schön, ab und zu bieten sich noch einmal tolle Ausblicke, auch ins Vorland im Süden, ehe wir wieder in den Wald zurück kommen. Nun geht es kilometerweit auf schöner Asphaltpiste bis kurz vor Strazne, kurze kleine und giftige Anstiege inklusive. Strazne erreichen wir dabei recht schnell und unseren ursprünglichen Vorsatz, im Elbtal zurück zu fahren, lassen wir kurz entschlossen bei einer letzten Rast fallen. Schöner ist es, noch einmal hinauf auf 1.000 m und dann den gleichen Weg wie am Vormittag nach Spindlermühle zu nehmen. Eine junge Mountain-Bikerin überholt uns leichtsinnigerweise, als wir gemächlich noch einmal bergauf kurbeln, doch das läßt unser Ehrgeiz nicht zu. Als wir sehen, wie sie mit pendelndem Oberkörper am Berg zu tun bekommt, können wir alten Knacker das nicht mit ansehen ;-) und hängen sie gnadenlos ab. Aber auch wir kommen dabei arg ins Keuchen...
Und bergab rollt sie dann locker an mir vorbei, Günter, dessen Bergab-Stil wesentlich riskanter ist, schafft sie nicht. Der muss dann unten wieder auf mich warten.
Wieder war es eine sehr schöne Tour. 
Mit dem Abstecher zum Supermarkt, wo es noch ein Eis gibt und den Bummeleien und Souvenirsuchen in Spindlermühle, wo wir auch auf meine Eltern treffen (+ kurzem Schwatz), die heute nachmittag hier angekommen sind, haben wir heute ca. 72 km und 2.000 Höhenmeter in den Beinen. Das ist so ungefähr für uns der Bereich, wo solche Touren noch Spaß bedeuten.
Und den hatten wir heute tatsächlich wieder.
An der Pension bauen wir dann die Räder schon auseinander, verpacken sie im Auto, morgen soll es dann zügig gehen. Und wir wollen ja morgen auch "nur" noch einmal wandern und fotografieren gehen.
Nach dem Duschen ist noch einmal ein Kneipenabend bei "Diana" angesagt. Der Hunger ist heute so groß, dass wir zweimal essen müssen, nach der Knobisuppe "Cesnecka", Lendenbraten mit Knödeln als "Vorspeise" und im Anschluss habe ich noch mit Rauchfleisch gefüllte Semmelknödel und Günter ein paar riesige Rippchen auf dem Teller. Und das Bier schmeckt eigentlich auch.
Ziemlich lustig sind wir, als es im Dunkeln dann zurück ins Quartier geht.


Die Route auf gpsies.com
 
Sonntag, 27.07.2008
Heute kein Radfahren! Ist es zu fassen?!
Nach dem Frühstück Verabschiedung von der Wirtin, dann wandern wir noch einmal in eineinhalb Stunden via Svaty Petr auf steinigem Steig hinauf zum Ziegenrücken. Und wieder finde ich es absolut faszinierend, wie man in dieser kurzen Zeit aus dem tiefen Tal in subalpines Gelände kommt. Ringsum Schotterhalden, wir sind in der Knieholzzone, die Sicht bis zum Jeschken ist einfach grandios.
Obwohl im Oktober die Luft wesentlich klarer ist und auch die rotbraunen Farben sicher viel intensiver wirken.
Ich werde mich bemühen, für ein paar Tage in den Oktoberferien hier in Spindlermühle Quartier zu bekommen. Hoffentlich klappt das! Wir genießen die Aussicht vom Krakonos (1.422 m) aufs Gebirge und das Vorland, die Blicke zur nahen Wiesenbaude und der bilderbuchmäßigen Schneekoppe dahinter, ehe wir schließlich durch das Tal der Weißen Elbe wieder absteigen. Und dieses Tal mit seinen alpinen Blockhalden, dem Urwald und der über glatte Platten und kleinen Wasserfälle hinab stürzenden Elbe ist auch das schönste in diesem Gebirge.
Man kann von diesen Momenten einfach nicht genug bekommen. Viel zu schnell sind diese vorbei. Mittag gibt es noch einmal reichlich in der Baude an der Weißen Elbe, eine dreiviertel Stunde später sitzen wir dann schon im Auto. Das war's! Schade...
In wenigen Stunden hat uns der Alltag wieder. 
Es war schön!
Und im nächsten Jahr???