Erzgebirgskamm 2010
 
Freitag, 16.07.2010
Nach abenteuerlicher Fahrt im überhitzten Zug der Deutschen Bahn nach Zwickau erreiche ich zum Glück gerade noch den wartenden Zug der Vogtlandbahn, der uns nach Zwota bringt. Aber nun wird es wirklich gemütlich. Die Vogtlandbahn wäre wirklich eine gute Alternative zur Deutschen Bahn, lt. Uwe betreiben die sogar schon die Direktverbindung Chemnitz – Berlin.
Trotz der drohenden Quellwolken ist die Temperatur hier oben im Gebirge nun auch wesentlich besser zum Aushalten als unten in der Leipziger Tieflandsbucht.
Vom Haltepunkt Zwota bis zum Gasthof "Walfisch" sind es nur ein paar hundert Meter leichten Bergab-Rollens auf der Hauptstraße durch den Ort. Das Quartier ist ok. Und so klingt der Tag sehr angenehm im Biergarten des Gasthofs bei einem guten Essen, ein paar Bierchen und ausgiebigem Schwatzen mit Uwe aus.
Samstag, 17.07.2010
5 Uhr am Morgen draußen Donner und Blitze. Das ist das Erste der Gewitter, die für heute angesagt sind. Bis gegen 7 Uhr gießt es draußen, ehe das Ganze nach Osten abzieht. Noch Stunden später sehen wir die dunklen Wolken. Aber wir haben Glück, als wir nach dem reichlichen und sehr guten Frühstück aufbrechen, nach einem Foto, welches die Kellnerin von uns vor dem „Walfisch“ macht, versteht sich, ist es trocken. Wir fahren nach Klingenthal leicht aufwärts, dann hinauf zur Vogtland-Arena, wo wir durch den Zaun die noch fast nagelneue Sprunganlage ansehen.
Danach der erste Anstieg, zunächst Straße in Serpentinen bis auf ca. 800 m, dann ein paar Kilometer auf festem Fahrweg im Wald am Hang entlang hinüber nach Mühlleithen. Beeindruckend, obwohl nicht schön, mit welchem Aufwand und Umfang hier Wintersportanlagen gebaut wurden. Nun auf dem Kamm weiter. Es geht noch ein ganzes Stück, mehr oder weniger steil hinauf bis auf 950 m am Großen Rammelsberg. Bis zum Gasthaus Henneberg am Kleinen Kranichsee bleiben wir nun auf einer Höhe von ca. 900 Metern. Der Weg, im Winter die Kammloipe, führt in leichtem Auf und Ab vorbei an der Talsperre Weiterswiese, Weitersglashütte, oberhalb von Wildenthal entlang, wo wir einen Ausblick auf den Auersberg von hinten haben bis zum Gasthaus Henneberg.
Unterwegs treffen wir einen älteren Herrn, welcher unterwegs zu einer Familienfeier am Rabenberg ist und lieber mit dem Rad statt mit seiner Frau im Auto dorthin fährt.
Das Gasthaus Henneberg öffnet gerade, Zeit für eine Rast, Zeit für eine Bockwurst und eine Cola. Die Wolken reißen auf, die Sonne kommt hindurch, die Temperaturen liegen hier oben auf dem Kamm im Wohlfühlbereich.
Nach der Pause geht es mit herrlichem Blick auf Fichtel-, Keil- und Plattenberg steil hinab nach Oberjugel auf 650 Meter. Von hier können wir fast die ganze Route bis Bozi Dar erkennen. Und die Region um die beiden Höchsten des Erzgebirges scheint noch mal ein Stockwerk höher als alles Andere zu sein. Oberjugel, vorbei an der Färbermühle, wo unsere Mädels im Winter im Trainingslager sind, dann das Getümmel der Kaufwütigen, die sich mit Billigkrempel an der Grenze in Potucky drängen und endlich wieder Ruhe im herrlichen Tal hinauf nach Bozi Dar. Wunderschön der Übergang aus dem engen Waldtal hinauf auf die wiesenbestandenen Hochflächen, ganz nahe nun schon Fichtel- und Keilberg, ebenfalls von hinten. 2006 war ich schon einmal auf meiner „Königstour" hier. Allerdings hatte ich da 170 km in den Beinen und konnte das nicht mehr so ausgiebig wie heute genießen. Hinter Bozi Dar geht es steil hinauf zum Grenzübergang, danach dann aufwärts an der Sachsenbaude vorbei zum Fichtelberggipfel.
Noch ein kurzer Stich, dann stehen wir oben. Und hier ist großes Volksfest, schlimm, man hat ein paar Traktor-Oldtimer aufgestellt, dazu eine kommerzielle Schrammelgruppe, die krampfhaft „gute Laune“ vermitteln will, Menschen die gaffen und kaufen... Na ja. Schön ist das nicht. Deshalb verzichten wir auf die Schwammesupp, machen nur ein paar Fotos vom Dach des Erzgebirges, vom Keilberg vis a vis und rollen dann rasch wieder hinab zur Grenze. 
Der Blick trübt sich ein, nach Norden zu ist es dunstig, so dass wir nicht sehr weit sehen können, Wolken ballen sich, ziehen um die Berggipfel, werden dunkler, als wir auf der tschechischen Seite hinauf zum Keilberg kurbeln. Auch auf dem Keilberg, dessen trostlosen Gipfel wir gegen halb zwei erreichen, ist ein Menschenauflauf. Aber hier fand gerade ein Berglauf statt, ein paar Sportler schleppen ein paar Pokale durch die Gegend.
Die Wolken sind noch ein wenig düsterer geworden, wir kehren nun in die Baude kurz unterhalb des Gipfels ein und bei einer deftigen Knobisuppe und einer Cola, Uwe lässt sich dann noch Hefeklösse mit Heidelbeeren schmecken, geht draußen ein heftiger Regenguss nieder. Na so ein Glück. Da die Kellnerin angesichts der Massen überfordert ist, sitzen wir bis halb drei im Trockenen. Neben uns ein paar Mountain Biker, die mit drei Bier im Bauch bergab wollen (!). Hoffentlich geht’s gut.
Halb drei hört der Regen auf, die Straßen sind pitschnass, es ist recht kühl, so dass wir die Windjacken auf der folgenden Abfahrt brauchen. Aber als wir weiter unten in Haj nochmals anhalten und im Sonnenschein, das Gewitter grollt nun östlich von uns mit finsteren Wolken, ein paar Fotos machen, können wir die Jacken wieder verschwinden lassen.
Auch die weitere Route ist mir nun vertraut, Kovarska, Cerny Potok-Tal, Cerny Potok, kurzer Stich, dann die Preßnitztalsperre vor uns. Im August 2007 war ich bei den „Top Drei des Erzgebirges“ mit dem Mifa-Rad hier oben und im Juni 2007 hatte ich die „Höllentour“ (zweimal Erzgebirge und einmal Milleschauergebirge) bei über 30°C Hitze hier fast hinter mir.
Die Sonne scheint, vor uns der massige Buckel des Jeleni Hora. Das ist der nächste heftige Anstieg zu dessen nördlichem Ausläufer. Wieder geht es über 100 Höhenmeter hinauf, ehe wir entspannt auf der Hochfläche hinüber bis Satzung kommen. Schöne Gegend, weite Hochflächen, ein wenig moorig, sogar Krüppelkiefern wachsen hier schon... 
Drüben der Hirtstein, den ersparen wir uns heute, dann die Straße in Richtung Reitzenhain, ebenfalls schon mehrfach befahren, zum letzten Mal im Mai auf der „Elbe-Eger-Erzgebirge-Tour“. Und kurz vor Reitzenhain, noch auf der böhmischen Seite, auf einer kleinen Straße parallel zur Grenze, fahren wir recht zügig nach Kalek. Hinab! Und Kalek liegt wirklich weit unten, drüben sehen wir die Häuser von Rübenau, nur einen Katzensprung entfernt, auf 690 Metern. Lesna, wo wir heute hin wollen, befindet sich aber oben auf 910 Metern. Da kommt also noch Einiges. Obwohl es nur noch 10 Kilometer sind. Wir können sogar schon den Höhenzug sehen, wo wir hin wollen.
Und so ist es auch, steil hinauf ein schmaler Fahrweg, Serpentinen kennen die Tschechen nicht, na gut, mit dem passenden Gang und einer guten Tretfrequenz ist der Stich kein Problem, kurze Zeit später sind wir wieder auf 850 m, prima! Aber, da gibt es urplötzlich noch ein tiefes Quertal. Also müssen wir wohl oder übel nochmals steil hinab und wieder steil aufwärts.
Sollte das nun wirklich der letzte Anstieg heute sein? Ja, dieses Mal kurbeln wir uns allmählich wirklich auf den richtigen Berg, wo unser Quartier steht. Der Höhenmeterzähler klickert, es wird allmählich flacher, na gut, ein Stück weit wird es nochmals etwas steiler, doch dann sind wir tatsächlich oben.
Die Anhöhe von Lesna, Antennen, ein paar Häuser und plötzlich nach Süden ein weiter Blick in die nordböhmische Ebene tief unter uns. Und dann ein paar hundert Meter weiter erreichen wir auch das Berghotel Lesna. (127, 67 km, ca. 2200 Höhenmeter)
Für Sportevents ist hier umfangreich gesorgt, Quad-Fahrer düsen knatternd durch die Gegend, eine Menge Familien packen gerade ihre Räder auf die Autos, eine Kletterwand...
Mit dem Ausdruck der Reservierungsmails stehen wir an der Theke kurz darauf. Die Leute gucken nicht sehr freundlich, dann der Kommentar der Kellnerin. „Das ist nicht von uns...“ Schreck lass nach. Das kann doch nicht sein. Der Andere schaut ins Buch... „Lutz? Ah... Lutz“ Ja, doch, alles ok, da steht es schwarz auf weiß... Bezahlen gleich am Abend noch, na kein Problem...
Das Zimmer klein, eng, aber ok. Sogar mit Dusche. Also alles im grünen Bereich. Duschen, frische Klamotten an... SMS oder Anrufe zu Hause.
Und Uwe kommt die Idee, Holger anzurufen, der ist ja in Thürmsdorf drüben, da könnten wir uns ja treffen... Das Essen abends und das Bier sind schließlich genau das, was wir brauchen. Dazu der Blick in die Ebene da unten. Ein Traum. Toll! Und die Kellnerin, die, sobald das Bierglas leer zu werden droht, mit dem nächsten da steht. Ein schöner Tag ist das heute.
Und morgen soll ja das Wetter mit Sonnenschein und Wölkchen optimal werden.

Die Route auf gpsies.com