Kleine Thüringer-Wald-Rundfahrt 2009
 
Während meine drei Frauen sich in diesem Jahr wieder beim Sommerbiathlon in Oberhof vergnügten, ergab sich für mich so die passende Gelegenheit, diesen Sommer noch einmal mit einigen Fahrradkilometern auf und um den Rennsteig abzurunden. Und diese beiden Touren waren so schön, dass ich diese hier einfach noch einmal beschreiben muss. Und vor allem bildet dieses Wochenende für mich noch einen guten, quasi versöhnlichen Fahrrad-Saisonabschluss, da Günter und ich leider 2009 keine Riesengebirgsfahrten unternehmen konnten.
 
Samstag, 26.09.2009
Meine Drei bummeln noch ein paar Minuten durch Oberhof, gucken sich die Handabdrücke der Wintersportler vor dem Wintersport-Museum an. Ich habe mich nun aufs Rad geschwungen und fahre gemütlich, um die Wanderer nicht zu erschrecken, hinauf zum Rondell. Von dort auf bekannter Straße allmählich aufwärts zum Großen Beerberg. Obwohl ich nicht allzu viele Höhenmeter in diesem Jahr gesammelt habe, insgesamt war es eher eine mittelmäßige Saison ohne große Höhepunkte, geht es auch bergauf recht angenehm. Und selbst auf den steileren Stückchen im Wald gibt es noch keine wesentlichen Anstrengungen.
Schön der Blick wieder vom Beerberg hinab nach Süden, nach Suhl und darüber hinaus bis zur Rhön. Die Sonne scheint, allerdings halten sich die Temperaturen mit ca. 15 °C hier oben auf 980 Metern Höhe in Grenzen, im Schatten ist es recht kühl. Und wenn man vorher geschwitzt hat, kommt das Frösteln schnell. Weiter nun auf der Rennsteigstraße, Schmücke, vorbei am Großen Finsterberg, Bahnhof Rennsteig, Allzunah, bis kurz vor Neustadt. Die Strecke kenne ich von 2007. Viele Mountain Biker und auch Rennradler kommen mir entgegen, in meiner Richtung fährt kaum jemand. Mit GPS-Unterstützung ;-) ist es kein Problem, nun unweit von Neustadt den richtigen (asphaltierten) Waldweg zu finden, auf dem ich anschließend ewig bergab rolle.
Erst bei Möhrenbach, tief unten, erreiche ich nach langer Abfahrt durch ein schönes Waldtal wieder die nächste Straße. Hier befinde ich mich nur noch 490 Meter hoch. Auf dieser zeitweise recht stark befahrenen Bundesstraße geht es nun am Fuße der Thüringer Berge bis Ilmenau. Eindrucksvoll sind die Brückenpfeiler der in Bau befindlichen ICE-Trasse, die das weite Tal überspannen und das gewaltige Tunnelportal am Hang über mir. Dank GPS habe ich auch keine Probleme, in Ilmenau die richtige Straße zu finden, die mich nun hoch zum schon vorhin gewaltig aufragenden Kickelhahn bringt. Kurze Rast an einem idyllischen Teich, klare Frühherbstluft, sich verfärbendes Laub, flirrende Sonnenlichter unter den Bäumen.
Dann die Auffahrt zum Kickelhahn. Ich habe heute bewusst mal vor, Höhenmeter zu „schrubben“, und die summieren sich nun gewaltig. Die Straße steilt auf 12% im Schnitt auf, mir wird es nun ganz rasch sehr warm, der Schweiß läuft in Strömen, die Beine werden schwer, die Steigung nimmt kein Ende. Dann der Wanderparkplatz und der Hammer hinauf zum Jagdhaus, 17% sind das laut meiner Libelle am Lenker. Und diese auf dem steinigen Waldweg schaffe ich gerade so im kleinsten Gang. Es ist eben doch kein Mountain Bike. Obwohl ich es schon erstaunlich finde, wo man auch mit dem Cube Curve überall fahren kann. Nun der Schlussanstieg, recht moderat im Vergleich zum Stich eben, ich überhole etliche Wanderer, und als mich plötzlich Eine fragt, welchen Gang ich benutze und ich mich umdrehe, ist es vorbei... Ich muss runter vom Rad. War es das jetzt? Na ein paar Meter gehen noch, ich schaffe es tatsächlich, noch mal aufzusteigen und ein Stück zu kurbeln. Erst kurz vor dem Gipfel in der ausgewaschenen Rinne muss ich erneut absteigen und zumindest um die Kehre schieben, ehe ich dann bis zum Gipfel (861 m) erneut fahren kann. Viele viele Leute sind heute hier oben.
Ich verkneife mir die Original Thüringer Rostbratwurst, das würde zu lange dauern und zudem war die ziemlich fettig. Stattdessen Ausruhen und Schauen, hinüber zum Kamm zum Schneekopf, meinem nächsten Ziel, ehe ich nach einigen Minuten mit schönem Ausblick nach Norden, nach Ilmenau, nun wieder abwärts rolle.
Unten am Jagdhaus muss ich ein wenig suchen, doch dank meinem „Armin“, dem Garmin finde ich auch hier zuverlässig den kürzesten Weg hinunter nach Manebach. Der ist allerdings nach einer Weile so steil, dass ich lieber wieder absteige und bergab schiebe. Aber das geht nicht lange so, einige Zeit später erreiche ich wieder befahrbares Terrain und komme so recht rasch bis Manebach hinunter. Hier habe ich wieder viele Höhenmeter verloren, die ich aber auf der anderen Talseite wieder einsammeln darf. Steiler Anstieg, wieder 15% - 17%, gerade so auf dem letzten Ritzel. Oberhalb von Manebach kurze Rast, schöner Blick ins Tal, ich sehe einer MTB-Familie zu, die mit einem stark schaukelnden Kindersitz an Papis Sattelstütze bergab fährt. Dem Kind gefällt’s, aber mich verwundert dieser scheinbar grenzenlose Glauben des Vaters in die Qualität und Bruchsicherheit des Materials. Wenn das mal gut geht...
Weiter aufwärts, erst kurz vor dem Mönchhof nimmt die Steigung an Heftigkeit ab, hier bin ich von 500 wieder auf 750 Meter hoch gekurbelt. Nun gemächlicher hinauf, zwischendurch ein Blick auf den noch recht hoch wirkenden Schneekopf vor mir, bis zur Schmücke. Eine Frau müht sich heftig strampelnd auf ihrem Mountain Bike, der Mann guckt weg, als ich die Beiden überhole. Erstaunlicherweise geht es mir immer noch bestens. Das hätte ich so nicht erwartet. Aber die Tretfrequenz stimmt, die Beine machen noch Einiges mit.
Schmücke, viele Touristen, Motorräder, Autos, schnell vorbei... Dann der Abzweig zum Schneekopf, auch hier viele viele Leute, die man busladungsweise am nahen Parkplatz abgeladen hat. Die müssen ja nur den Kilometer vom Auto/Bus bis zum Gipfel und zurück. Und auch hier oben tanzt heute der Bär. Neu ist die Gipfelbaude, die ist noch zu, aber den gut besuchten Imbiss daneben gab es vor zwei Jahren ebenfalls noch nicht. Am Aussichtsturm (Eröffnung 09/2007) bunte Griffe von Kletterelementen. Event „Schneekopf“, schrecklich. Aber bis hinüber zur Nordseite schaffen es zum Glück nicht alle. Auf einer Bank habe ich so wenigstens eine Gelegenheit, den überwältigenden Ausblick übers Tal der wilden Gera, der Autobahnbrücke, die meiner Meinung nach nicht wie viele andere Menschenbauwerke die Landschaft verschandelt, bis hin zu den Hügeln der Drei Gleichen und sogar bis Erfurt zu genießen. Abgesehen vom ständigen lautstarken „Wunderschön“ geographisch völlig unwissender älterer westdeutscher Besucher ist es also sehr angenehm. Kurzes Telefonat mit Dagi, die kann gerade nicht, weil Alexander Wolf gerade schießt ;-)
Bis zum Grenzadler habe ich nun nur noch wenige Kilometer, erst Straße bergab zum Rondell, von dort noch ein letzter Anstieg hinauf auf nochmals über 900 Meter und schließlich stehe ich ca. 16 Uhr in der Rennsteig-Arena und sehe sogar noch die Siegerehrung der Männer. Und treffe kurz darauf auch meine begeisterten Drei wieder. Fränze und Mareike mit Autogrammen beladen, sie durften in den VIP-Bereich und unsere Große bekam sogar ein Original-Leibchen...
Wenn das nichts ist.
 87,25 km, 4:43:10 Fahrtzeit, ca. 1500 Höhenmeter
 

Die Route auf gpsies.com


Sonntag, 27.09.2009
Nachdem meine drei Frauen auch heute noch einmal Karten für den Sommerbiathlon haben, habe ich beschlossen, trotz leichter Ermüdungserscheinungen (obwohl, eigentlich geht es mir besser, als erwartet) nach dem Packen nochmals in die stinkigen Fahrradklamotten zu steigen und den Vormittag radelnd auf dem Rennsteig zu verbringen. Es war wieder schön hier im Bungalow am stillen Teich. Und die Abende mit Kamin waren auch wieder schön. Nun fahren die Damen wieder nach Oberhof, ich fahre von Finsterbergen bergauf zum Spießberghaus. Es war kühl heute Nacht, auf den Wiesen viel Tau, doch mit der aufgehenden Sonne wird es rasch warm. Typisch für den Thüringer Wald ist die unzureichende Ausschilderung der Wege, so stehe ich plötzlich an einer Einfahrt, der Weg setzt sich dagegen unscheinbar quer über eine Wiese fort und dann weiter im Wald kann ich mich auch nur dank „Armin“ etwas orientieren. Zum Spießberghaus muss ich nun auch recht steil auf 750 Meter hoch, die Beine sind doch etwas schwer seit gestern, die Steigung von ca. 10% geht nur langsam. Oben auf dem Rennsteig dann aber rollt es besser, ich habe mich kurzfristig entschieden, denn was will ich so zeitig drüben in Oberhof, noch zum Inselsberg hinüber zu radeln und eventuell...
Die Sonne lacht, die Ausblicke, die sich bieten, sind bei diesem Wetter wunderschön...
Kleiner Inselsberg, der Riesenparkplatz, dann die Passstraße und dann der Abzweig der Pflasterstraße zum Gipfel hinauf. Liegt es am Rütteln auf den Steinen oder sind die auf dem Schild angegebenen 8% geschmeichelt. Bei mir sind es bis zu 12%, die da lauern. Aber Geduld und gleichmäßiges schweißtreibendes Kurbeln... Viertel elf ist es, als ich schließlich auch auf dem Inselsberg (910 m) stehe. Es ist dunstiger als gestern, nach Tabarz ein schöner Blick hinab, im Sonnenlicht nur schwer zu erkennen der ferne Schneekopf.
Lange halte ich mich nicht auf, es füllt sich auch hier oben, die Anderen fahren natürlich alle mit dem Auto... Nur einen einzigen Mountainbiker sehe ich entgegen kommen. Großer Inselsberg, das macht die „Sammlung“ an diesem Wochenende komplett...
Nun wieder hinab, Kleiner Inselsberg, dann Rennsteig...
Vorbei an der Tanzbuche, vorbei am Spießberg, der Rennsteigradweg windet sich nun viele Höhenmeter hinab um die Kammgipfel und kurz vor der Ebertswiese wieder steil hinauf. Auch hier sind Etliche per Rad unterwegs. Was kann es Schöneres geben???
Kurze Rast an der Ebertswiese, dann steiler Stich zum Glasberg, Nesselberg und wieder hinab zur Passstraße nach Tambach-Dietharz. Als ich mich zum Krämerod hinauf mühe, schießen an mir vorbei fast ungebremst einige Mountainbiker zur Straße hinunter. Heftig, heftig, solch ein Vertrauen in die Bremsen hätte ich nicht und vor allem, was macht das Rad bei einer Vollbremsung auf diesem Weg??? Und das bei den zahlreichen Wanderern heute. 
Nun der Anstieg hinauf zur Schmalkalder Loipe (882 m) der ist dann kurz vor dem Gipfelkamm so heftig, die Libellenblase ist am Anschlag, dass ich schieben muss, nur einige Meter, aber das war mit diesem Crossrad einfach nicht mehr zu machen. Und dieser letzte Gipfel reicht mir dann auch, denn auf den weiteren Kilometern habe ich nun das Gefühl, den Wanderern hier auf dem Waldweg ziemlich im Weg zu sein. So verlasse ich an der nächsten Wegkreuzung den Rennsteig und folge nun etwas weiter unten dem Rennsteigradweg wieder, der sich um die Berghänge windet. Auch hier Auf und Ab, aber doch recht mäßig und gut zu befahren, zumal es hier streckenweise sogar asphaltiert ist und man nicht über Wurzeln holpert. Bis zum Grenzadler ist es nun nicht mehr weit. Leider...
Das war es schon.
Das was bleiben wird, ist für mich die Erinnerung an zwei herrliche Bergradtouren, warme sonnige Frühherbsttage und weite Aussichten vom Rennsteig übers Land...
Auch wenn unsere Heimat sehr schön ist und ich der Meinung bin, dass unser Radelgebiet viele tolle Möglichkeiten bietet, so sind doch solche intensiven Tage hoch im Mittelgebirge (in nur zweistündiger Autofahrt-Entfernung) etwas ganz Anderes, Eindrucksvolles und immer wieder das Pünktchen auf dem i.
Menschenmassen am Grenzadler, unten in der Arena Wettkampf der Frauen, Magdalena Neuner ist gerade wieder am Gewinnen. Meine Drei kommen kurz darauf von ihrem Platz an der Strecke, dann hole ich das Auto und dann...
Kurz bevor der allgemeine Aufbruchsrummel losgeht, sind wir schon auf der Heimfahrt... 
53,73 km, 3:31:03 Fahrtzeit, ca. 1100 Höhenmeter

 

Die Route auf gpsies.com